Kassettierung

Kassettierungen

1.    Was sind Kassettierungen?

Als Kassettierung wird in der Architektur und im Möbelbau die Weiterentwicklung einer einfachen Holzplatte zu einem Rahmen mit einer meist rechteckigen Füllung bezeichnet. Diese Technik wird oft nur als dekoratives Element wahrgenommen. Tatsächlich hat diese Konstruktion jedoch verschiedene technische Gründe. Diese erläutern wir in diesem Artikel. Außerdem gehen wir auf die Gründe ein, warum bei Massivholz-Möbeln in der Ausführung mit wasserbasierten Buntlacken eventuelle Lackrisse an den Kassetten-Rändern kein Mangel sind, sondern technisch bedingt.

Darüber hinaus gibt es die Deutung des Begriffs „Kassettierung“ als allgemeine Beschreibung eines Flächen-Designs in rechteckigen Formen. Unter diesem formalen Aspekt werden die rein dekorativen Ausführungen von Wandvertäfelungen, Holzvertäfelungen, Kassettenwänden und Möbelfronten zusammengefasst, die letztlich meist nur aus einem aufgesetztem Zierprofil bestehen. Diese Deutung des Begriffs „Kassettierung“ ist nur am Rande Inhalt dieses Artikels. Hier geht es um die „echte“ konstruktive Technik.

 httBild: Schreibtisch von Antik mit Stil mit Kassettierungen

 

2.    Warum Kassettierungen?

In der antiken Architektur wurden bereits Gewölbe und Gebäude-Decken mit Rahmen-Konstruktionen gebaut, die durch eine deutlich dünnere Füllung geschlossen wurden. Das diente damals zur Gewichts-Reduzierung und Material-Einsparung. Rahmen-Konstruktionen sind statisch darüber hinaus einer massiven Ausführung überlegen. Vielleicht war das sogar der Hauptgrund.

Das Prinzip ist von der Natur übernommen. Schauen wir uns ein Laubblatt an, dann sehen wir eine verästelte Gerüststruktur (Stiel, Rippen), die das eigentliche Blatt (Spreite, Lamina) aufspannt. Augenfällige technische Adaptionen sind z.B. Regenschirm, Schiffe, Drachen und Fachwerk-Häuser. Oder betrachten wir ein Fenster: Ein Fensterflügel, bestehend aus Rahmen und Glasscheibe, ist maßhaltiger und biegesteifer als eine massive Holzplatte.

Im Möbelbau ist es grundsätzlich genauso. Hier kommen zu den Gesetzen der Statik allerdings die besonderen Eigenschaften des Werkstoffs Holz hinzu. Massivholz bzw. Naturholz dehnt sich unter dem Einfluss von Temperatur und Luftfeuchtigkeit aus und zieht sich zusammen. Eine Schranktüre aus Massivholz aus einem Stück wird bei Ausdehnung klemmen. Nach vielen Zyklen von Ausdehnung und Schrumpfung kann sich die Türe so verziehen, dass sie nicht mehr rechteckig ist und dauerhaft klemmt. Außerdem neigt speziell Weichholz zur Bildung von Rissen.

Das wird durch die Technik der Kassettierung verhindert, die bei unseren Massivholz-Möbeln angewendet wird.

3.    Wie funktionieren Kassettierungen?

Kurz zusammengefasst funktioniert diese Technik so:

Anstelle eines einzelnen Bretts (oder einer Leimholzplatte) besteht die Tür nun aus einem Rahmen, der aus vier einzelnen Sägebrettern besteht. Der Rahmen wird innen mit einer umlaufenden Nut versehen (früher ausgestemmt, heute CNC-gefräst). In diese Nut wird beim Zusammenfügen der Rahmen-Teile eine Holzplatte eingelegt, ohne weitere Fixierung, also ohne feste Verbindung zum Rahmen.

Diese Technik hat folgende Vorteile:

Der Rahmen besteht aus relativ dickem Holz. Je dicker das Holz bei geringen Brett-Breiten, desto besser ist die Maßhaltigkeit unter äußerem Einfluss. Temperatur- und Luftfeuchtigkeits-Schwankungen führen zu geringeren Maßänderungen.

Damit der Rahmen kein großes Loch umschließt, wird wie zuvor beschrieben eine Holzplatte eingelegt. Diese Holzplatte kann wesentlich dünner sein als der Rahmen. Durch die geringe Dicke und die größeren Abmessungen wird sich die Holzplatte allerdings wesentlich stärker ausdehnen und zusammenziehen als der Rahmen. Zumindest, wenn es sich um Massivholz handelt. Genau deshalb gibt es keine feste Verbindung zwischen der Holzplatte und dem Rahmen.

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Im 20. Jahrhundert hat die Möbelindustrie die Massivholz-Einlagen durch Sperrholz-Platten und furnierte Spanplatten bzw. MDF/HDF-Platten ersetzt. Diese Materialien zeigen kaum Maßänderungen, keine Risse, sind aber durch die Produktion unter Verwendung von Leim und anderer Chemikalien nicht mehr natürlich.

Unsere Landhausmöbel bestehen dagegen wie früher vollständig aus Massivholz.

4.    Warum dieser Artikel?

Rahmen und Einlegeblatt arbeiten gegeneinander. An der Nahtstelle verhindert die lose Verbindung das Reißen des Holzes und das Verwinden der Bauelemente.

Die Möbel der Antik mit Stil GmbH werden mit wasserbasierten Buntlacken (auch Weiß ist ein solcher Buntlack) versehen. Diese Lacke sind gesundheitlich und ökologisch unbedenklich. Anders als z.B. Kunstharz-Lacke sind wasserbasierte Lacke extrem spröde. So wie die Kalkfarben in früheren Jahrhunderten. Wenn das Holz „arbeitet“, sich also ausdehnt und wieder zusammenzieht (und umgekehrt), dann wird ein wasserbasierter Lack reißen. Auch wenn man später dem Holz keine Veränderung ansieht – der Riss im Lack bleibt manchmal sichtbar. Das entspricht den historischen Vorbildern, wird aber heutzutage oft als störend empfunden.

Wenn solche Lackrisse auftreten, dann i.d.R. an rechtwinkligen Stoßkanten zweier Hölzer und bei Kassettierungen. Gerade bei der konstruktiv bewährten losen Montage der Kassetten-Einlagen aus Massivholz in eine Türzarge ist der Lackriss im Extremfall unvermeidlich. Dafür reißt das Holz der Einlage nicht. Und die Tür als solche bleibt maßhaltig und verzieht sich nicht.

Es handelt sich also um eine Art „Soll-Bruchstelle“, die zu der speziellen Kombination aus massivem Weichholz und wasserbasiertem Lack gehört.

In besonders trockenen Umgebungen – also in Räumen mit sehr niedriger Luftfeuchtigkeit – kann eine dünne Kassetten-Einlage dauerhaft schrumpfen. Bei dunklen Buntlacken fällt der Lackspalt dann optisch auch aus weiterer Entfernung auf. Nachfolgend ein Beispiel eines solchen Falls:

Kessettierung Lackriss Extremfall

Nachdem Sie diesen Artikel gelesen haben, verstehen Sie sicher, dass es sich hier um einen konstruktiv bedingten Effekt handelt. Also nicht etwa um einen Mangel. Die gute Nachricht: Sollte ein solcher Lackriss bei Ihrem Möbel auftreten UND wenn der Lackspalt Sie stören sollte, dann ist die Abhilfe einfach.

Sie können bei uns ein Reparatur-Kit erhalten, das unter anderem den Original-Lack enthält. Unsere Lacke sind hoch deckend und die Anwendung ist sehr einfach. Die von uns ausgewählten Hersteller liefern die Original-Lacke auch noch nach Jahren. Bitte bewahren Sie daher unsere Rechnungen auf, hier sind die jeweiligen Farbcodes verzeichnet.

5.    Und sonst?

Andere Hersteller liefern Möbel mit Kassetten-Einlagen aus Sperrholz. Dieses ist extrem maßhaltig. Die zuvor beschriebenen Lackrisse treten hier nicht auf. Obwohl in der EU nicht zulässig, werden solche Möbel manchmal dennoch als „Massivholz-Möbel“ verkauft. Sie können Sperrholz i.d.R. daran erkennen, dass die Holzmaserung von Vorder- und Rückseite nicht übereinstimmt.

Es gibt im Handel auch rein dekorative Zierfräsungen, die eine Kassettierung nur vortäuschen.

Und letztlich gibt es Möbel, bei denen lediglich Zierprofil-Leisten (Rahmen) auf die Fronten aufgeklebt werden, um eine Kassettierung vorzutäuschen. Das ist eine Technik, die vor allem bei furnierten Spanplatten angewendet wird. Oft wird hier dennoch mit den Begriffen „Kassettierung“ oder „Kassetten-Front“ geworben.

Wir hoffen, dass Sie an Hand dieses Artikels nun noch besser in der Lage sind, die verschiedenen Fertigungs-Methoden zu unterscheiden.

6.    Weitere Informationen

In unserem Online-Ratgeber ECHTHOLZ-VOLLHOLZ-MASSIVHOLZ erläutern wir die Unterschiede zwischen diesen Begriffen und deren korrekte Anwendung.

(Link: https://www.antikmitstil.com/service/ratgeber/echtholz-vollholz-massivholz.html)

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